Donnerstag, 2. Oktober 2008

011008_0016 [ach, zahlenkot_lasset die buchstaben sprechen!]

angekommen. nach einer langen reise. wer hätte das gedacht? auf die frage hin, wie weit es denn sei, habe ich bisher voller überzeugung geantwortet, zwischen 7 und 11 stunden. die 12, die es gebraucht, bis ich endlich ‚meine‘ neue stadt (im dunkel) bewundern durfte, haben sich etwas gezogen. nicht einmal die nachgeholten stunden schlaf, die notwendigen, konnten ausreichend zeit fressen. nun sei es dahin gestellt. auch so war es eine gute fahrt. in st. anton oder auch liebevoll stäntn (eng. aussprache) genannt stiegen zwei menschen ein, mit denen sich ab der deutschen grenze lustig reden ließ. erst eine stunde vor ausstieg ist mir aufgefallen, dass wir unsere namen noch nicht erfragt hatten, aber da war die notwendigkeit auch schon nicht mehr gegeben. sie, eine blonde, auffallend hübsche niederländerin, rang mir anfangs den gedanken ab, sie könnte ein model sein. berichtigt habe ich den gedanken nicht mehr, bestätigt allerdings auch nicht. er, gerade den dienst an der waffe beendet und in einem sportgeschäft tätig, war der gesprächigere und ein grundauf netter kerl, der sich die drei buchstaben EFD in sein iPhone notiert hat. alles in allem ein gutes los. als dann auch noch – tief im deutschen – eine jungmutter mit ihrem töchterlein zugestiegen sind, hat sich die stimmung noch einmal gehoben. immerhin hat schona (wieimmer der name geschrieben werden mag), das mädchen also, uns gut unterhalten. mitsingend mit ihren 5 cd-kinderliedern, ihre mutter zu beständigen ‚jetzt sei doch aber mal still, schona!‘-aussagen nötigend (naja, genötigt hat sich frau mama wohl selbst) und vor allem auch flüsternd um meine chinesischen bio-verival-sonnenblumenkerne bittend (wiederum auf aufforderung der mutter hin – wie auch das verspätete ‚danke‘), gab es immerhin anlass zum innerlich lächelnden augenverdrehen – zueinander. auch die deutsche bahn tut ihr nötigstes, die fahrgäste zu unterhalten. was soll mensch sich denken, wenn der zugführer (in diesem fall war es ein mann) in regelmäßigen abständen wiederholt, dass sich das ‚ bordbistro/bordrestaurant‘ in der mitte des zuges, in wagen 31, befindet. besonders sei das schinken-käse-baguette zu empfehlen, für 6,60 Euro. zudem sei gerade häppi aua bei softdrinks (pepsicolapepsi7upfantasprite allesineinerwurstgesprochen zum preis von 1,40, bier war leider teurer – schade). später war er allerdings abgelenkt, uns reisende zu beruhigen, dass die folgenden stationen vorgewarnt seien, ihre anschlüsse auf uns warten zu lassen, da die aktuelle verspätung – es tut uns ja so leid! – 2 minuten beträöüge. hab dank, hab dank. das kraut wart immer fetter. aber am end‘, von meckerei keine spur, immerhin war ich nach 11einhalb stunden in bielefeld. auch der anschlusszug in köln hatte brav gewartet und – trotz umleitung, dann aber doch nicht – noch vor 21uhr sein ziel erreicht. die wegbeschreibung des für drei monate nach costa rica bildungsbeurlaubten vermieters war perfekt und somit die ankunft im neuen fasteigenheim nicht viel später ebenso. liv, seine frau, empfing mich freundlich und vorbildlich. im halbdelirium habe ich versucht, mir die eigenheiten von waschmaschine und dusche zu merken und – ich hoffe – mit erfolg. immerhin, das dachappartömon ist geräumiger als gedacht, hell auch und vor allem ruhig. die meine haspelstraße umkreisenden straßen könnten einem kinderbuch entstammen: heimweg, auf dem rabenkamp, kleine howe und im krummen timpen. wie passend, dass die wilhelm-busch-straße direkt anschließt. wie dem auch sei, in meinem heim sitzend kann ich bestätigen, dass tatsächlich genug platz für besuch ist. das doppelbett, in dem ich mich zur zeit breit machen darf, hält mich nur deshalb davon ab, am gemütlichen sofa zu schlafen, weil es bett heißt. allerdings kann ich nicht mit backwaren aufwarten, denn ofen gibt es keinen. dafür ein dachfenster gen west und ein gratisleihfahrrad von liv. seltsam muten allerdings die umliegenden häuser an. die vorgärten sind zwar nicht alle durch zäune vom umland getrennt, scheinen aber großteils von wüstem perfektionismus geplagt: kleinste, sorgsamst (und kein superlativ ist hier übertrieben) gehegt und beschnippeltche (wie verwerflich, dass der diminuitiv im deutschen für verben für gewöhnlich nicht zulässig ist) bäumleins, die sich kaum von den angrenzenden hecken unterscheiden lassen, perfekter wimbledon-rasen und einige exotische ‚hey, ich bin individualistisch!‘-pflanzen suhlen sich im fleißigem akkord in gesetztem wohlstand.
ist sarkasmus angemessen? zumindest ist er schmackhafter zu lesen, hoffe ich. alles in allem beschleicht mich zwar ein gewisses befremden, wenn ich wieder in meinen kiez eintauche, aber wohlfühlen lässt es sich in jedem fall. vor dem spiel ist zwar nach dem spiel, aber innen ist deshalb noch lange nicht außen. und seit mich die kundmachung unserer nationalratswahlen – eine offizielle auflistung aller sonntags bundesweit angetretenen listen, frei erworben durch hochgeschätzte dienste an der urne statt an der waffe – die hauptzimmertüre ziert, lässt es sich schon beinahe wie zuhause fühlen. dass allerdings das (die wahl, meine ich) genau der grund für eine abreise sein müsste, wäre die entscheidung nicht schon zuvor gefallen, werden viele von euch, dies lesend, verstehen können (wenn eurer denn genug sein sollten, um ‚viele‘ genannt zu werden…). einerseits ein günstiger zeitpunkt, das land zu verlassen, andererseits muss ich auch gestehen, dass die distanz und das ‚aus den augen‘nicht groß genug sind, mich mein interesse an der lage der sogenannten heimat verlieren zu lassen. so habe ich sepp pröll schon seinen amtsantritt kommentieren und die beiden ehemaligen großparteien die unwahrscheinlichkeit einer kenia-koalition betonen hören. vielleicht sitzt stets ein spezialist in den presseagenturen, der jenachdem welche regierungsvarianten die wahlergebnisse bieten, sofort ein land mit den passenden landesfarben zuordnen kann, um somit einen neuen trend zu setten. ‚jamaica!‘, ‚kenia!‘, ‚china!‘ (unwahrscheinlich) – und wieder ward ein neues unwort des jahres geboren… losreißen muss ich mich von dem thema. so verlockend, zu verlockend kann schimpfen, hussen und motzen (jetzt müsste ich eigentlich wieder meckern schreiben) sein, aber zurück zur gegenwart – oder eher zur jüngeren vergangenheit:
jetzt stellt sich mir erst einmal die frage, wie genau ich denn schreiben will bzw. für wen eigentlich. immerhin habe ich ja auch kein unerhebliches interesse an diesen aufzeichnungen. dass damit allerdings bestätigt würde, was dem ‚web 2.0‘ vielfach vorgeworfen wird, nämlich ungezügelte selbstdarstellung, und zudem bei allen details und furzeinzelheiten sicherlich viele der vielen (s.o.; die wohl eigentlich einige wenige, wenn überhaupt sein werden) aufhören werden, sich diese buchstabenflut anzutun, sollte mich auf das wesentliche konzentrieren. wenn ich nur das selbe könnte. immerhin sei folgende vermutung als beinahe-tatsache in den raum (also den cyberspace) gestellt: wie sich sicherlich die frequenz erniedrigen wird (genauso wie ich es in dieser pseudo-öffentlichkeit mache), wird sich auch die länge und detailverliebtheit dieser berichterstattung im real life verlieren. momentan kenne ich in bielefeld neben meiner vermieterin und einigen erziehungswissenshafterInnen (wenngleich nicht persönlich) nur den türken vom kiosk die straße hinunter und einen gewissen stephan, der mir von studienkollegInnen und frau hauser wärmstens empfohlen wurde und mit dem ich vor etwa zweidrei stunden noch angestoßen habe. ehrlich gestanden – weh tut es nicht, viel zeit zu haben. weh tut es eher ein wenig, nicht die altbekannten menschen da zu wissen, mit denen ebendiese zeit mit freuden tot zu schlagen ist. aber im wissen um den reiz des hinauszögerns von wunscherfüllungen (im sinne von: vorfreude isch di schönschte freude, wie der volksmund so poetisch zu sagen weiß) und den rucksack voller ehnichtlangeallein-erfahrungen lässt sich dieses wehwehchen mutig überstehen [dann doch lieber als mann als als miss, denn missmutig wäre fatal und mannmutig ist wenigstens schlichtweg zu viel an ‚mn‘].
und wie bielefeld so ist? die stadt? pfffft, naja, hmmm, also eigentlich, um ehrlich zu sein. gar nicht so einfach. leicht behügelt, nur selten höher als 5 stockwerke (dann meistens bürogebäude) und deshalb sehr großflächig, teils charmant in fachwerksbau, teils langweilige nachkriegsneubauten, beinahe dialekt- und drecklos, wenig street-art, abgesehen von einem hochglanzgraffity, das einen bunten flauschball seltsame dinge sagen lässt [„ich spraye für geld“ + angegebener telefonnummer und homepage], dafür – wie auch heidelberg – sehr reich an theatergruppen und –projekten, wie auch an seltsamen straßennamen (auch hier: s.o.), bunt an menschen, bunt an herbstlich verfärbten blättern und überhaupt sehr bebaumt, wie mir scheint, flusslos (großen, markanten gibt es zumindest nicht, wenn auch einige ententümpel, falls das als ersatz dienen kann), bisher nicht sehr sonnig (schwerlich repräsentativ nach etwas mehr als 24 stunden, aber die wolken rasen in hochgeschwindigkeit, also darf änderung erwartet und –hofft werden) und – was zu erwarten war: die universität erscheint bisher vorbildlich. etwas außerhalb, von grün (momentan rotorangegelbbraungrün) umkränzt, überdacht von der hauseigenen stadtbahnhaltestelle bis zum eingang zum campusklotz. auch wenn der bau von außen nicht unbedingt die krone der schöpfung sein mag, so ist die konzentrierte ansammlung von notwendigen einrichtungen, institutionen und käuflichkeiten ein wahrer genuss, was also den praktischen nutzen und die sinnhaftigkeit betrifft, lässt sich nur – aus jetziger sicht – leise durch die nicht vorhandenen zahnlücken pfeifen. und trotzdem (!) wurde ein mindestmaß an übersichtlichkeit bewahrt.
wie dem auch sei (schöne floskel; aufpassen, dass sie sich nicht abnützt), ich werde mich jetzt in die federn schlagen und davon träumen, was der morgige tag und die nächste eintragsfliege so bringen werden. vielleicht auch nicht. jedenfalls geht die einführungswoche los und damit der eiskalte sprung in die heiße erasmushölle. hoffentlich falle ich nicht auf, wenn ich nicht mit einem whiskey-cola auftauche. das schaffe ich wohl eher durch meine glänzenden deutsch-als-fremdsprache-kenntnisse.
gehabt euch wohl, ihr lieben menschen da draußen. gutnacht.

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Hübscher Text, ganz gut zusammen gebastelt, recht modern....
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